Bayern will keine hässlichen Strommasten – aber die Zeit rennt. Geplant ist, 2022 die letzten noch aktiven Atomkraftwerke vom Netz zu nehmen. Damit es dann im Süden des Landes nicht dunkel ist, muss die Windenregie aus dem Norden in den Süden transportiert werden. Statt Hochspannungsleitungen möchte Bayern Erdkabel verlegen. Die Technik ist nicht nur teuer, sondern auch nicht ausreichend erprobt.
Nun hat es Horst Seehofer geschafft. Sowohl die Bundeskanzlerin als auch ihr Stellvertreter gingen einen Kompromiss ein: Nun sollen in erster Linie Erdkabel die erneuerbare Energie nach Bayern bringen.
Erdkabel sind um das Achtfache teurer als Strommasten
Etwas schade, dass Bayern sich hier durchsetzen konnte. Die wenig erprobte Technik ist unangemessen teuer. Ein Netzbetreiber nannte jetzt zum Vergleich Zahlen. Ein Kilometer Oberleitung kostet 1,5 Millionen Euro. Bei Verlegung von Erdkabeln kostet der Kilometer in Abhängigkeit von der Bodenbeschaffenheit mindestens 4,5 Millionen und maximal 12 Millionen Euro. Geplant sind 3500 Kilometer Stromtrasse von denen 2000 Kilometer Korridore mit Gleichstrom sein sollen, die Energie effizienter transportieren können als Wechselstromleitungen.
Zahlen muss das Ganze der Stromverbraucher und die Steuern zahlende Allgemeinheit.
Die neuen Kabel sind effizienter
ABB ist es gelungen, ein Gleichspannungskabel zu entwickeln, das in der Lage ist, Spannungen von 525 Kilovolt zu übertragen. Das sind knapp zwei Drittel mehr als es die Erdkabel können, die bisher in Deutschland verlegt wurden. Mit den effizienteren Kabeln lässt sich die Übertragungsleistung verdoppeln.
Möglich ist dieser Quantensprung durch neues Material für die Isolation der Kabel. Es besteht aus einem besonderen Kunststoff. Der umschließt die Kupfer- und Aluminiumadern mittig. So gibt es weniger Ladungsträger und es kann weniger Strom aus den Kabeln, die einen Umfang von 13 Zentimetern haben, entweichen. Jetzt sind nicht mehr vier Kabel notwendig, um zwei Gigawatt Strom zu übertragen, sondern nur noch zwei. Somit lässt sich die Breite der Stromtrasse auf zehn Meter halbieren. Ein weiterer Vorteil der Erdkabel besteht in der geringeren Verbreitung von Elektrosmog.
Zuverlässigkeit der Erdkabel ist nicht sicher
Die neuen Kabel sind deutlich leichter, sodass sie sich schneller verlegen lassen. Das wirkt sich auf die Kosten aus. Ein großer Nachteil ist jedoch, dass die neuen Kabel noch nicht in großem Stil verlegt und in Nutzung sind, sodass Erfahrungen zur Zuverlässigkeit fehlen. Hier können Probleme entstehen, wenn es einen defekt gibt. Es ist schwierig, das Stromnetz bei großem Stromangebot stabil zu halten.
Die Ingenieure bei Siemens wollen setzen auf Aluminiumrohre, die große Energiemengen mit möglichst wenig Verlusten übertragen. Die Rohre verfügen über einen 50 Zentimeter großen Durchmesser. Durch ein Gasgemisch soll die Spannung von etwa 500 Kilovolt abgeschirmt werden. Der dabei entstehende Elektrosmog ist verschwindend gering. Die Ingenieure gehen davon aus, dass sie die Breite der Stromtrasse auf sechs Meter verkleinern können. Die Effizienz der Kabel ist mit denen der Freileitungen vergleichbar. Noch befinden sich die Kabel in der Entwicklungsphase, aber in etwa zwei Jahren sind sie einsatzbereit.