In diesen Wochen machen viele Energieversorger Schlagzeilen mit der Ankündigung, dass der Strom- und der Gaspreis zum Jahreswechsel 2014/2015 sinken oder stabil bleiben, keinesfalls jedoch steigen soll. Das klingt gut und wird auch mancherorts mit Zahlen unterlegt. So kann nachgelesen werden, dass der Arbeitspreis je KW/h, je Kilowattstunde um beispielsweise einen Cent sinken soll. Strom und Gas werden in KW/h abgerechnet. Strom wird direkt in Kilowattstunden aus der Steckdose bezogen, während der Erdgasverbrauch in Kubikmetern ermittelt und anschließend in KW/h umgerechnet wird. Doch der Endverbraucher sollte bei dieser Ankündigung näher hinschauen; denn für die meisten unter ihnen kommt diese Preisreduzierung gar nicht infrage.
Reduzierung nur für Grundversorgungstarife
Beim schnellen Lesen oder ersten Überfliegen wird leicht übersehen, dass mit der angekündigten Preisreduktion fast ausschließlich die Grundversorgungstarife gemeint sind. Doch wer schließt ohne Zwang den Grundtarif ab, der meistens am teuersten ist. Die Tarifangebote der örtlichen Grundversorgungsanbieter gliedern sich in den Grundversorgungsvertrag sowie in die Sonderverträge. Wer keinen der angebotenen, sogenannten Wahltarife auswählt oder auswählen kann, für den gilt automatisch der Grundversorgungstarif. Den muss der Energieversorger anbieten. Jeder Haushalt hat einen rechtlichen Anspruch auf die Versorgung mit Strom und Heizung, ganz unabhängig von der wirtschaftlichen und finanziellen Situation. Auch mehrere Negativeintragungen in der Schufa, Privatinsolvenz oder Offenbarungseid sind kein Grund dafür, um nicht mit Strom und Erdgas beliefert zu werden. Der Energieversorger kann sich hingegen weigern, einen der günstigeren Sonderverträge anzubieten. Von denen wird jedoch nicht gesprochen, wenn es um eine Stabilität oder gar Reduzierung der Strom- und Gaspreise ab dem Jahre 2015 geht. Niemand bezieht seine Energie nach dem Grundversorgungstarif, wenn er aufgrund der individuellen Situation nicht dazu gezwungen ist.
Die avisierte Preissenkung geht also an einer großen Mehrheit der Strom- und Erdgaskunden vorbei – oder sie wird an ihnen vorbeilanciert.
Warmer Winter sorgt für Gewinneinbruch bei Energieversorgern
Eine andere Presseverlautbarung von Energieversorgern hingegen hat in den vergangenen Wochen kaum Aufmerksamkeit gefunden. Durch den warmen Winter 2013/2014 sei der Gasverbrauch deutlich zurückgegangen; von einem Umsatzeinbruch wollte noch niemand sprechen. Das habe den Umsatz und in der Folge auch den Gewinn der Energieversorger deutlich geschmälert. Ob das in allen Fällen zu einer verringerten Dividende der Aktionäre geführt hat, wollten die Unternehmen nicht kommentieren oder bestätigen. Für den Endverbraucher ergibt sich daraus die folgende Schlussfolgerung: Wenn auch der Winter 2014/2015 ähnlich verläuft, wäre das ein zweiter Umsatz-/Gewinneinbruch innerhalb von zwei Jahren. Die Aktionäre als Anteilseigentümer der Energieversorger sitzen an einem Ende, die Kunden am anderen Ende des Tisches. Beide haben ganz unterschiedliche Interessen. Die einen streben nach einer Maximierung des Gewinns und ihrer Dividende, die anderen nach möglichst niedrigen Strom- und Erdgaspreisen. Beides zusammen geht nicht, sondern nur eins von beiden, oder beides nur teilweise. Hier sitzen die Energieanbieter am längeren Hebel, denn sie bestimmen den Preis. Sie entscheiden darüber, wann welche Kostenart um wie viel Cent und mit welcher Begründung erhöht wird. Diese Situation, die in ihrer Deutlichkeit bisher kaum aufgegriffen worden ist, kann in den kommenden ein, zwei Jahren durchaus dazu führen, dass die Energiepreise wieder deutlich steigen.
Dem Endverbraucher bleibt als einzige, aber auch wirksame Möglichkeit, immer wieder den Strom-/Gaspreis zu vergleichen und den Anbieter zu wechseln. Bei der Vielzahl an bundesweiten Energieversorgungsunternehmen werden immer einige preisgünstiger sein als der aktuelle Vertragspartner. Dann sollte, dann muss konsequent gewechselt werden. Jeder neue Vertrag muss nach einem Jahr kündbar sein. Und bei Ankündigungen zu Preisnachlässen sollte genau gelesen werden, was und wer damit gemeint ist. Dem Energiekunden muss bewusst sein, dass ihm von keinem Unternehmen etwas geschenkt wird. Boni, Prämien und Rabatte sind keine Präsente, sondern ein Kundenbindungsmittel, und im Übrigen an irgendeiner Stelle bereits im Tarif enthalten; sei es in dem für die Grundversorgung, oder in dem günstigen Sondervertragstarif.