Nach Meinung der Umweltorganisation Greenpeace könnte das Transatlantische Freihandelsabkommen TTIP die Energiewende in Deutschland gefährden. In Zusammenhang mit dieser Einschätzung verweist Greenpeace auf die am 11.7.2016 beginnende 14. Verhandlungsrunde des Freihandelsabkommens. Darin soll es unter anderem darum gehen, dass der Zugang zu den Stromnetzen für alle Energiearten in gleichem Maße offenstehen soll. Für die deutsche Energiewende würde dies bedeuten, dass sie nicht wie vorgesehen umgesetzt werden kann. Eine Bevorzugung aus regenerativen Energiequellen stammenden Stroms bei der Netzeinspeisung könnte als Wettbewerbshemmnis verstanden und entsprechend geahndet werden.
Greenpeace beruft sich auf Dokumente, wonach die EU-Kommission eine für den Klimaschutz nachteilige Position in die 14. TTIP-Verhandlungsrunde einbringen will. Ein Vorschlag sieht vor, Strom ungeachtet seiner Herkunft unterschiedslos zu behandeln. Betreiber von Atomkraftwerken könnten demnach darauf pochen, dass die von ihren Kraftwerken erzeugte Energie jener aus Solar- und Windkraftanlagen gleichgestellt wird. Eine weitere Überlegung der EU-Kommission geht dahin, der Industrie die Umsetzung höherer Energieeffizienz auf freiwilliger Basis zu überlassen. Maßnahmen wie etwa die Beschränkung der Wattzahl bei Staubsaugern würden somit nicht mehr von der EU-Kommission vorgegeben werden.
Greenpeace übt scharfe Kritik
Greenpeace-Sprecher Christoph Lieven übt scharfe Kritik an der Position der EU-Kommission. “Wir brauchen eine Kommission, die für Europas Errungenschaften kämpft. Die Menschen erwarten, dass Europa sich globalen Herausforderungen wie dem Klimawandel stellt und für die beste Lösung streitet. Diese Kommission hat ihr Rückgrat schon zu Beginn der Verhandlungsrunde an der Garderobe abgegeben”, wird Lieven vom Wirtschaftsportal Finanzen.net zitiert.
Um die nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima im Jahre 2011 beschlossene Energiewende voranzutreiben, hatte die Bundesregierung beschlossen, Strom aus Erneuerbaren Energiequellen bei der Einspeisung ins Versorgungsnetz den Vorzug zu geben. Damit sollte ein Anreiz für den Ausbau alternativer Stromerzeugung geschaffen werden. Die Unterzeichnung des TTIP-Abkommens unter Einbeziehung des energiepolitischen Vorschlags der EU Kommission würde nach Auffassung von Christoph Lieven das Ende dieser Praxis bedeuten. Der Greenpeace-Sprecher sieht die Energiewende in Deutschland durch die Vorschläge der EU-Kommission lebensgefährlich bedroht. Er sieht die Bundesregierung in der Pflicht, sich weiterhin für den Klimaschutz einzusetzen. Das würde laut Lieven in der Konsequenz einen Stopp der TTIP-Verhandlungen bedeuten, für den Fall, dass die EU-Kommission an ihrer Position festhält.
Bundesregierung sieht Energiewende ungefährdet
Die Bundesregierung sieht dagegen keine Gefahr für ihre Energiewende. Sie ließ verlauten, dass die Zusammenstellung des Energiemixes weiterhin den Mitgliedsländern der EU überlassen bleibe. Diese Einschätzung werde von der EU-Kommission geteilt, erklärte eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums. Greenpeace bleibt jedoch skeptisch.
Bis Anfang Mai 2016 waren die Dokumente über die TTIP-Verhandlungen komplett unter Verschluss gehalten worden. Einsicht erhielten lediglich ausgewählte Personen und das auch nur für wenige Stunden. Dann gelangten Greenpeace und andere Organisationen in den Besitz mehrerer TTIP-Unterlagen und machten diese publik.