Der wahrscheinlich größte Stromverbraucher unserer Republik, die Deutsche Bahn, hat den Spieß umgedreht und ist nun durch die Gründung ihres Tochterunternehmens DB Energie GmbH selbst zum Stromversorger mutiert. Um ihr beliebtes Umwelt-Image weiterhin hochzuhalten, wird selbstverständlich zertifizierter Ökostrom angeboten, dessen Tarif bewusst so gestaltet ist, dass er stets geringfügig unter dem Basistarif des örtlichen Versorgers liegt. Seit Ende Juni 2017 ist es endlich so weit, jeder kann seinen Haushalt bei der DB-Energie direkt online anmelden.
Der Chef von DB Energie Hans-Jürgen Witschke äußerte kürzlich in einem Interview, dass sich die Deutsche Bahn bekanntlich schon sehr lange mit allen Prozessen der Strombeschaffung auseinandersetzt, um große Energiemengen instantan an jene Stellen zu leiten, wo sie gerade dringend benötigt werden. Daher gelte grundsätzlich: “Wer Bahn kann, kann auch Strom”. In diesem Kontext beliefert die Bahn-Tochter ihre Kunden mit zertifiziertem Ökostrom, der durch das “ok-power-Label” prämiert ist, das dafür steht, dass die elektrische Energie ausschließlich aus Wind-, Wasser- und Solarkraftwerken generiert wurde. Auch im Rahmen dieses Interviews bestätigte Witschke nochmals die Strategie, dass der Strompreis stets unter jenem des örtlichen Grundversorgers liegen soll.
Das führende Gütesiegel für Ökostromprodukte ist in Deutschland zurzeit “ok-power”. Es wird durch den gemeinnützigen Verein EnergieVision e. V. vergeben und garantiert, dass der Stromanbieter keine finanziellen Beteiligungen an Kohle- oder Kernkraftwerke hält und der so ausgezeichnete Strom zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energiequellen generiert wurde.
Hans-Jürgen Witschke fügte noch hinzu, dass die DB Energie keine “Kampfpreise” machen wird, um beispielsweise immer mehr Marktanteile zu gewinnen. Glaubt man den Preisvergleichsportalen gehören die Verträge von “dbstrom” mit Laufzeiten von 12 oder 24 Monaten allerdings nicht zu den preisgünstigsten Ökostrom-Angeboten. Dazu ein Beispiel: Eine vierköpfige Familie im Kreis Mettmann mit einem Jahresverbrauch von 4.500 Kilowattstunden bezahlt in der 24-monatigen Vertragsvariante 105 Euro monatlich (das setzt sich aus dem Basispreis 11,84 Euro und 24,91 Cent für jede Kilowattstunde zusammen). Verivox weist für dieselbe Region den günstigsten Strompreis durch das Unternehmen “Sauber Energie” aus, deren günstigstes Angebot bei 93,27 Euro liegt (Grundpreis 7,14 Euro, 22,97 Cent pro Kilowattstunde).
Ökostrom in vollen Zügen genießen
An einer massiven Vermarktung ihres neuen Angebots ist dbstrom sehr wohl interessiert. Zu diesem Zweck wird die Bahn ihre Fahrgäste ganz gezielt ansprechen und zum Beispiel Reisegutscheine oder Bahncards als Wechselprämie anbieten. Eine Wechselprämie ist heute bei fast allen Anbietern üblich, bei DB Energie beträgt diese zurzeit 135 Euro pro Kunde (Vertrag). Stattdessen können Sie sich für den Anbieterwechsel zu dbstrom (Zweijahresvertrag) zum Beispiel 5.000 Bahn-Bonuspunkte gutschreiben lassen, falls Sie diese gern sammeln. Im Bahn-Shop gibt es dafür ein Baby-Reisebett oder einen Akkuschrauber. Alternativ können Sie auch zwischen einem Reisegutschein (Gegenwert 150 Euro) oder der Bahncard 25 in der ersten Klasse (125 Euro) wählen.
Die Bahn als Stromverbraucher und Stromproduzent
Jeden Tag rasen circa 20.000 elektrisch betriebene Züge durch Deutschland. Das macht die Deutsche Bahn als Abnehmer von jährlich rund 10.000 Gigawattstunden zu einem der größten Stromverbraucher hierzulande. Darin enthalten sind allerdings auch Stromabgaben an andere Eisenbahnunternehmen. Diese gewaltige Energiemenge entspricht fast dem Jahres-Stromverbrauch der gesamten Hauptstadt Berlin.
So ist die Deutsche Bahn beziehungsweise ihr Tochterunternehmen nun der fünftgrößte Energiekonzern nach E.ON, RWE, Vattenfall und EnBW. Die eigene Energiesparte macht auch Sinn vor dem Hintergrund, dadurch von schwankenden Strompreisen unabhängig zu werden. Das Transportgeschäft lässt sich so insgesamt verlässlicher kalkulieren. Allerdings wird die Bahn den Strom für Privathaushalte nicht selbst produzieren. Das hängt damit zusammen, dass die Züge mit einer ganz anderen Spannung versorgt werden. Die Bahn kauft daher den Ökostrom für ihre Kunden bei Drittanbietern ein.
Noch für das laufende Jahr 2017 rechnet die DB Energie GmbH mit einer fünfstelligen Kundenzahl und geht davon aus, dass die Zahl ihrer Kunden in den kommenden Jahren immer weiter ansteigen wird. Diese Vision mag aber zu optimistisch sein, bedenkt man, dass andere Stromanbieter nicht nur mit höheren Wechselprämien winken, sondern auch geringere Monatsrechnungen ausstellen. Fakt ist, dass circa 70 Prozent der deutschen Haushalte ihren Strom von einem relativ teuren Grundversorger beziehen und beim Wechsel zu DB Energie in der Tat sparen würden. Dennoch lohnt sich für jeden Verbraucher auf jeden Fall ein Vergleich der Tarife bei verschiedenen Stromanbietern.