Kurz vor Weihnachten wurde in der Normandie die weltweit erste Solarstraße in Betrieb genommen. Die Solarpaneele wurden also einfach auf der Straße ausgelegt. Eine geniale Idee, denn rechnet man alle asphaltierten Flächen dieser Welt zusammen, könnte damit ein Vielfaches an elektrischer Energie produziert werden von dem, was die Menschheit überhaupt verbrauchen kann.
Jener normannische Straßenabschnitt wurde von keiner Geringeren als der französischen Umwelt- und Energieministerin Ségolène Royal eingeweiht. Mit Solarpaneelen gepflastert wurde ein Stück der Nationalstraße nahe der Gemeinde Tourouvre-au-Perche nur auf eine Länge von etwa einem Kilometer. Die abgedeckte Gesamtfläche beträgt so immerhin circa 2.800 Quadratmeter. Aber was können die aus polykristallinem Silizium in ein mehrlagiges Substrat eingebetteten Solarzellen bewirken? Sie produzieren genug Strom, um die gesamte Straßenbeleuchtung des 5.000-Seelen-Ortes zuverlässig zu versorgen. Die Paneele sind zwar nur wenige Millimeter dick, aber so stabil, dass sogar Lkw problemlos darüber fahren können.
Den naheliegenden Namen “Wattway” gaben die Entwickler diesem Straßenbelag. Verantwortlich dafür zeichnen sich das französische Bauunternehmen “Colas” und “INES”, das ist das “Institut national de l’énergie solaire“. Der Wirkungsgrad dieser Straßenmodule ist natürlich etwas geringer als jener von Dachmodulen, was an der horizontalen Auslegung liegt.
Wie kommt man auf solch eine Idee?
In der Summe sind all die Flächen der Straßen, Bürgersteige oder Parkplätze riesig, auch die breiten Autobahnen können im Prinzip mit diesen Solarmodulen ausgelegt werden. Dass durch die horizontale Lage ein paar Prozent der Sonnenenergie im Vergleich zu den nach Süden schräg ausgerichteten Dachflächen verloren gehen, spielt am Ende gar keine Rolle.
Als Vorreiter der guten Idee gilt das Ehepaar Scott und Julie Brusaw aus dem US-Bundesstaat Idaho, die selbst derartig robuste Solarpaneele entwickelt haben. Sie haben dann berechnet, dass in den USA das Dreifache der tatsächlich benötigten elektrischen Energie zur Verfügung stehen würde, wenn allein alle Autobahnen der USA aus diesem sonnenhungrigen Belag bestehen würden. Der Wermutstropfen dabei ist allerdings, dass eine solche Solarstraße auch dreimal so teuer ist wie eine Autobahn herkömmlicher Bauart.
Dennoch hat sich eine illustre Gemeinschaft von Internet-Enthusiasten des Themas angenommen und im Rahmen einer Crowdfunding-Kampagne bereits mehr als zwei Millionen US-Dollar eingesammelt, um bald die weltweit erste Solarstraße konkret bauen zu können. Einen Strich durch die Rechnung haben ihnen dann die Niederländer gemacht, denn sie haben im Jahre 2014 ihren ersten Fahrradweg mit Solarpaneelen gepflastert und die Franzosen zogen 2016 mit ihrer (weltweit) ersten richtigen Solarstraße nach. Wir gehen dennoch davon aus, dass Projekte in den USA weiter verfolgt und auch Furore machen werden.
Europa zuerst
Der 70 Meter lange Fahrradweg mit Solarzellen in den Betonplatten befindet sich in der niederländischen Gemeinde Krommenie, gut 15 Kilometer nordwestlich vom Zentrum von Amsterdam gelegen. Die Solarzellen sind hier in rechteckige Betonmodulen eingelassen und werden oben durch eine zehn Millimeter dicke, sehr stabile Glasschicht geschützt.
Der Hersteller SolaRoad gibt an, dass auf einer Straße ungefähr 30 Prozent weniger Energie produziert wird als auf einer vergleichbaren Dachfläche. Dies liegt neben dem ungünstigeren Winkel zur Sonne auch an länger bleibenden Bedeckungen durch Regen, Schnee oder Eis sowie an der ständigen Abschattung durch Fahrzeuge oder Fußgänger.
Die deutsche Antwort auf die Idee der Solarstraße gibt der Start-up-Gründer Donald Müller-Judex mit seiner neuartigen “Solmove GmbH”. Dahinter steht immerhin ein Konsortium bestehend aus dem Forschungszentrum Jülich, zwei Frauenhofer-Instituten und noch weiteren schwergewichtigen Partnern aus Industrie und Forschung. Gemeinsam entwickelt haben sie ein interessantes Prototyp-Modul, das aneinandergereiht wie ein Teppich auf der Straße ausgerollt werden kann. Dieses Konzept hat einen ganz großen Vorteil: Die vorhandenen Straßen können im Wesentlichen so bleiben wie sie sind und müssen nicht aufwendig neu gebaut werden. Dies liegt daran, dass die quadratischen Einzelkomponenten mit nur 85 Millimeter Seitenlänge klein genug sind, damit sich der so zusammengesetzte “Solarteppich” sehr dynamisch und flexibel an alle Gegebenheiten des Untergrundes anpassen kann.
Und die Straßen von San Francisco?
Die Stiftung Deutscher Nachhaltigkeitspreis zeichnete das Start-up Solmove in der Kategorie “Energy” mit dem Economy Award 2016 aus. Das war auch begründet, denn ungefähr 1,4 Milliarden Quadratmeter können in Deutschland theoretisch mit diesen Solarmodulen bestückt werden. Diese Energie würde dann für circa 20 Millionen Elektroautos ausreichen. Die (noch) kleine Firma aus Inning am Ammersee hat für das Jahr 2017 große Pläne: Testinstallationen in Peking, Seoul, Berlin, Spanien und Los Angeles.