Die Energiewende wird sich auch auf dem deutschen Gasmarkt bemerkbar machen. Bislang wurde das Gas für die deutschen Verbraucher vorwiegend fossilen Lagerstätten entzogen. Dabei ist die Förderung aus deutschen Quellen (besonders in Niedersachsen) schon seit vielen Jahren rückläufig mit der Folge, dass immer mehr Gas importiert werden muss. Das Jahr 2016 zeichnete sich zum Beispiel durch eine Importquote von 93 Prozent aus. Beliefert haben uns Russland, Norwegen und Holland. Die Politik will das nun grundlegend ändern, indem heimische und zugleich erneuerbare Quellen “angezapft” werden sollen. Wie soll das gehen?
Und vehemente Unterstützung erfährt die Regierung in der Sache durch immerhin neun Verbände der deutschen Gaswirtschaft und Heizungsindustrie, die unter anderem den Slogan “Gas kann Grün” in die Waagschale geworfen haben. Dieser Appell wurde erhört. Im Klimaschutzplan der Bundesregierung wird explizit auf das “Dekarbonisierungs-Potenzial” von Technologien wie “Power-to-Gas” eingegangen. Im Ergebnis steht die umweltpolitische Selbstverpflichtung zum Vorantreiben der Erforschung, Entwicklung und Markteinführung kostengünstiger und innovativer Technologien, wobei vor allem die beiden Ansätze Power-to-Gas und Biomethan in den Fokus gerückt sind.
Die Schritte in die grüne Zukunft werden konkreter
Die Buchstaben DVGW stehen für “Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches e.V.”. Dabei handelt es sich um den Branchenverband der deutschen Gas- und Wasserwirtschaft, der seinen Hauptsitz in Bonn hat. Hier sind die Weichen bereits gestellt für die heimische Gasproduktion aus erneuerbaren Quellen wie Biogasanlagen oder Umwandlung überschüssigen Öko-Stroms in Gas. In der Folge erhofft man sich eine deutliche Reduzierung unserer Abhängigkeit von ausländischen Gaslieferanten. Der DVGW-Chef Gerald Linke geht davon aus, dass mittelfristig der Anteil von erneuerbarem Gas am deutschen Gesamtverbrauch bis zu 35 Prozent ansteigen wird.
Im ersten Schritt sollen die “schmutzigen”, fossilen Energieträger Kohle und Erdöl durch “saubereres” Gas ersetzt werden. Bei dessen Verbrennung entsteht weniger klimaschädliches CO2 mit der Folge, dass auch die Kosten für die Einhaltung der Klimaschutzziele dadurch sinken würden. Im zweiten Schritt wird der Anteil klimaneutraler Gase in den Netzen Stück für Stück gesteigert und im dritten Schritt werden die unterschiedlichen Energiesektoren wie der Strom- und Gasmarkt intensiver miteinander verzahnt.
Welche Vorteile bietet “grünes Gas” unserer Umwelt?
Wenn organische Verbindungen vergären, entsteht Biogas. Geeignet dafür sind beispielsweise alle biologischen Abfälle aus der Grüntonne. Der dafür eingesetzte Löwenanteil sind allerdings landwirtschaftliche Nebenprodukte, das sind Tierjauchen, Dünger sowie eigens gesäte Energiepflanzen wie Mais und Raps. “CO2-neutral” ist Biogas deshalb, weil das bei seiner Verbrennung entstehende und freigesetzte Kohlendioxid der Atmosphäre zuvor für das Wachstum der Pflanzen entzogen wurde. Das darf man zurecht als Nullsummenspiel bezeichnen.
Unumstritten ist Biogas deshalb mitnichten. Umweltverbände werden nicht müde, darauf hinzuweisen, dass viele Landwirte für den Betrieb und die Rentabilität ihrer Biogasanlage extra und überzogen intensiv Mais anbauen, wobei neben CO2 die noch schädlicheren Klimakiller Lachgas und Methan entstehen. Der Agrarexperte von Greenpeace Martin Hofstetter bestätigt, dass unsere Biogasanlagen heute regelmäßig mit circa 80 Prozent Mais befüllt werden. Je großmaßstäbiger wir in Deutschland die Biogasproduktion ausgestalten, desto mehr Umweltschädigung geht auch von dieser Technologie aus.
Power-to-Gas-Anlagen als Energiespeicher
Technisch ist es schon lange gelöst, (überschüssigen) Strom zur Gewinnung von Wasserstoff zu verwenden, der dann weiter zu Methan verbunden wird. Anlagen, die genau das fertigbringen, bezeichnet man recht treffend als Power-to-Gas-Anlagen. Das Konzept ist wirklich gut, würden sich doch dadurch auch viele teure Kilometer Leitungsbau einsparen lassen. Überschüssige Öko-Energie könnte direkt dafür verwendet werden, Windenergieanlagen müssten nicht auf Stillstand gesetzt werden, wenn das Windfeld so richtig bläst. Aber leider gibt es rechtlich bindende Regularien, die der Effizienz beim Gelingen der Energiewende quer im Wege stehen.
Daher fordert die Branche zu Recht ein groß angelegtes Markteinführungsprogramm für die Power-to-Gas-Anlagen, die schon längst mit dem Instrument der Technologieförderung zu einer internationalen Marktreife hätten entwickelt werden müssen. Es liegt absolut im Interesse des Wirtschaftsstandorts Deutschland, derartige zukunftsfähige Schlüsseltechnologien im großen Maßstab weltweit zu exportieren und dabei technisch und wissenschaftlich in der Welt den Ton anzugeben, denn die Konkurrenz lugt schon lange aus ihren Startlöchern und profitiert jeden Tag von der deutschen Zögerlichkeit und Bedenkenträgerei.