Preiserhöhung als Werbung getarnt: immer mehr Stromanbieter tarnen Mitteilungen über neue Preise als Werbung oder verstecken entsprechende Informationen in mehrseitigen Mails. Neben Eprimo setzen auch Enervatis und ExtraEnergie auf die zweifelhafte Masche.
Neue Preise als Werbeschreiben getarnt
TÜV-Siegel, Testsieger-Plakette und eine Aufschrift, die über die „XXL-Preisgarantie“ informiert: das klingt wie Werbung, ist in Wahrheit jedoch eine Mitteilung über eine Preiserhöhung durch den Anbieter Eprimo.
Die RWE-Tochter nutzt bereits seit einigen Wochen entsprechende „Infopost“, um Kunden über neue Konditionen zu informieren. Da es sich dabei überwiegend um Preiserhöhungen handelt, setzen Anbieter wie Eprimo vermehrt auf die als Flyer getarnten Mitteilungen, denn diese erinnern auf den ersten Blick an Werbung und landen deshalb bei den meisten Kunden ungelesen im Papierkorb.
Mit der geschickten Masche sollen Kunden nicht nur Preiserhöhungen untergejubelt werden, auch der Hinweis auf das gesetzlich vorgeschriebene Sonderkündigungsrecht bei Neukonditionen wird nach Möglichkeit zwischen Werbebotschaften versteckt. So auch beim Frankfurter Versorger Enervatis geschehen.
Enervatis und Stromio verheimlichen Preiserhöhungen
„Unser Top-Angebot: 24 Monate Preisgarantie“: was auf den ersten Blick wie eine Werbebotschaft wirkt, ist eine einfache Mitteilung über die Preiserhöhung beim Anbieter Enervatis. So findet sich zwischen der Werbung der kleingedruckte Satz: „Zum 01.04.2016 berechnet sich ihr Tarif neu…“, welcher unauffällig über die deutlich schlechteren Konditionen informieren soll.
Ähnlich wie Anbieter Eprimo, der eine Preiserhöhung von rund 120 Euro jüngst als „XXL-Preisgarantie“ getarnt hat, setzt auch Enervatis darauf, dass Kunden die Werbebriefe nicht lesen und dementsprechend auch nicht vom Sonderkündigungsrecht Gebrauch machen können. Andere Anbieter wie ExtraEnergie und die Grünwelt-Marke Stromio treiben die Masche sogar noch weiter und informieren Kunden in mehrseitigen Mails und PDF-Dokumenten über Preiserhöhungen – mitten im Fließtext und ohne nähere Erklärungen.
Die gute Nachricht für Kunden: entsprechende Infoschreiben sind unwirksam. So teilt die Verbraucherzentrale mit, dass Preiserhöhungen den Kunden unmissverständlich mitgeteilt werden müssen und keinesfalls verschleiert werden dürfen. Anbieter, die sich nicht daran halten, müssen sich, wie aktuell ExtraEnergie, vor Gericht verantworten.
Unlauterer Wettbewerb: ExtraEnergie vor Gericht
Wie Jürgen Schröder von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen mitteilt, erinnert die aktuelle Masche der Stromversorger klar an „unlauteren Wettbewerb“ und ist dementsprechend unzulässig. Ähnlich sieht das auch das Landgericht Düsseldorf, welches aktuell ein Verfahren gegen den Stromversorger ExtraEnergie führt.
Das Neusser Unternehmen hat Kunden jüngst über neue Konditionen informiert, wichtige Informationen wie die neuen Preise und den Hinweise auf das Sonderkündigungsrecht jedoch zwischen langen Textpassagen versteckt. Eine klare Verschleierung, so das Landgericht Düsseldorf, welche so nicht zulässig ist. Der Anbieter sieht das allerdings anders und hat bereits Berufung gegen das Urteil eingelegt.
Werbepost ist also nicht immer wirklich Werbung, sondern enthält immer öfter wichtige Informationen. Stromkunden sollten deshalb auch eventuelle Werbeschreiben sorgfältig studieren und, falls die Preiserhöhung bereits in Kraft getreten ist, die Verbraucherzentrale einschalten.